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„Drei Jahrgänge gehen verloren“

Schwimmen – In der Corona-Krise bleiben Neuzugänge beim Schwimmverein Mannheim aus / Digitales Athletik-Training als Ersatz. Von: Sophia Gehr, Mannheimer Morgen, 09. März 2021

Seit vier Monaten durften Wettkampfsportler und Anfänger nicht mehr ins Wasser. Nun ist eine Öffnung der Schwimmhallen frühestens ab 22. März möglich. © DPA

Mannheim. Der Schwimmverein (SV) Mannheim kämpft mit fehlenden Neuzugängen. Gleichzeitig würden Kündigungen von Mitgliedern, die explizit die Corona-Krise als Austrittsgrund nennen, zunehmen, berichtet Vorstandsvorsitzender Martin Seitz im Gespräch mit dieser Redaktion. Seit Beginn des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr war das heimische Hallenbad Seckenheim für gerade einmal sechs Wochen geöffnet. Kinder, die 2019 Schwimmen gelernt hatten, konnten seither nicht mehr ins Wasser. Und auch mit Blick auf das laufende Jahr hat Seitz wenig Hoffnung: „Damit gehen unserem Sport drei Nachwuchs-Jahrgänge verloren“, sagt er.

Leistungssportler wechseln Verein

Insgesamt verzeichneten die Mannheimer Vereine 2020 laut Sportkreis Mannheim einen Mitgliederschwund von 4,7 Prozent – in der Altersgruppe null bis sechs Jahre sind es sogar 15 Prozent weniger Mitglieder als im Vorjahr. Mit den Lockerungen der Corona-Regeln im Mai trainierten die Schwimmer des SV Mannheim im Sommerbad am Stollenwörthweiher. Dieses betreibt der Verein bereits seit 1956. Die Einnahmen durch das Sommerbad seien für die finanzielle Situation des SV Mannheim enorm wichtig gewesen, so Seitz. „Jedoch kann man dort keinen Leistungssport betreiben.“ Neben Nichtschwimmerkursen, Anfänger- und Breitensportgruppen trainieren beim SV sechs Wettkampfmannschaften.

Aktuell schwimmen die Frauen und Männer in der Oberliga Baden-Württemberg. „Damit dürfen auch unsere Wettkampfsportler im Lockdown nicht ins Wasser“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Denn: Laut Landesregierung Baden-Württemberg sind Training und Wettkämpfe nur für Leistungssportler erlaubt, die Bundeskader- oder Landeskaderstatus haben oder in länderübergreifenden Ligen aktiv sind.

„Eine solche länderübergreifende dritte Ebene gibt es im Schwimmen nicht“, erklärt Seitz. Deshalb hätten bereits einige Schwimmerinnen und Schwimmer aus dem Leistungskader zu anderen Vereinen in der 1. oder 2. Liga gewechselt. Um die rund 650 Mitglieder zu motivieren, dennoch aktiv zu bleiben, bietet der SV Mannheim zwei Mal pro Woche ein Online-Athletik-Training an. Dieses werde vor allem von den Kleinsten gut angenommen, berichtet Übungsleiterin Isabelle Fuhrmann. Die koordinativen Übungen absolvieren die Schwimmerinnen und Schwimmer sonst vor dem eigentlichen Training. „Der digitale Ersatz holt aber natürlich nicht alle ab“, so Fuhrmann.

Für seine alternativen Angebote in der Pandemie erhielt der Rhein-Neckar Schwimm- und Sportverein (RNS) Mannheim/Ilvesheim eine Förderung des Landessportverbands und der Porsche AG in Höhe von 3000 Euro. Im vergangenen Jahr veranstalteten die Trainer zwei Wochen lang kostenlose Schwimmkurse im Herschelbad. Zudem werden mit einem täglichen Online-Programm Arm- und Beinbewegungen und die körperliche Fitness trainiert.

„Im ersten Lockdown sind wir so sogar vormittags und nachmittags mit unseren Mitgliedern in Kontakt geblieben“, berichtet Vorstandsvorsitzender Matthias Schmitt. Die Hauptzielgruppe des Vereins seien Schwimmanfänger. Diese sollen auch durch Bastel- und Vorlesestunden der Trainer und Mitarbeiter unterhalten und die Eltern gleichzeitig entlastet werden.

Weitere kostenlose Kurse

„Unsere Angebote werden nicht immer im vollen Umfang genutzt“, so Schmitt. Die Teilnehmerzahl variiere ständig zwischen einer bis 15 Personen. Anders als 44 Prozent der Sportvereine in Deutschland – so ein Ergebnis des Sportentwicklungsberichts der Deutschen Sporthochschule in Köln – verzeichnete der RNS Mannheim /Ilvesheim im vergangenen Jahr mehr Neuanmeldungen als Austritte.

Die Förderung der Porsche AG will Schmitt in weitere kostenlose Kurse investieren, sobald das Schwimmen im Breitensport wieder erlaubt ist. Eine Öffnung der Bäder mit beschränkter Besucherzahl sei bereits jetzt möglich, betont er. „Im Vereinssport in festen Gruppen haben die Kinder weniger Kontakte zu anderen als in den Schulen“, so Schmitt. Außerdem sei gemeinsame Bewegung gesundheitlich notwendig. „Die kann so in den Familien nicht immer umgesetzt werden“, sagt er.

© Mannheimer Morgen, 09.03.2021, Link: https://www.mannheimer-morgen.de/sport/lokalsport_artikel,-lokalsport-mannheim-drei-jahrgaenge-gehen-verloren-_arid,1768406.html